27 Februar, 2010

Willkommen im "Real life"

Nach einem nervenaufreibenden Tag sitze ich nun hier in meinem Zimmer, esse saftige Papya und schlürfe den brühmt berüchtigten Mate Tee, das warme National-Getränk. Papaya esse ich, weil sie hier wirklich sehr frisch und super lecker sind - Mate Tee hauptsächlich, weil es mit Abstand der billigste Tee ist, den man im Supermarkt findet - und oft auch der einzige Tee, den man findet.
Nun zu meinem Tag heute ... es war mal wieder einer der Tage, an dem ich am liebsten direkt wieder abgereist wäre. Und dazu muss schon einiges zusammen kommen, weil normalerweise bin ich nicht diejenige, die direkt wieder abreisen will.

Mein Tag beginnt hier so zwischen halb 7 und 7 Uhr in der Frühe. Man könnte staunen, aber wenn man sich es mal recht überlegt, dann habe ich meinen Tagesrythmus von Deutschland eben nicht aufgegeben. 7 Uhr in Brasilien ist 11 Uhr in Deutschland - also passt doch :). Ich habe mich sozusagen vor dem Jet Lag gedrückt. Ich stehe zur gewohnten Uhrzeit auf - nur das es halt hier 4 Stunden früher ist - PRAKTISCH! dafür gehe ich aber auch schon um 10 Uhr ins Bett, weil was soll ich hier bei Nacht noch groß aufbleiben? Aus dem Haus kann ich ab 6 Uhr eh nimmer, weil es dann dunkel wird, und alleine bei Dunkelheit rumzulaufen ist hier nicht besonders empfehlenswert! Außerdem wird es hier auch schon um 6 Uhr morgens hell, und einen Rolladen gibt es nicht. Ich stehe also mit dem Sonnenlicht auf und genieße einen schönen langen Tag.
Wenn man ihn denn genießen kann und nicht den ganzen Tag in Stock 14 abhängt!
So ging es mir heute.

Ich bin um halb 7 Uhr wach gewesen. Als ich dann meinen PC neu starten wollte, weil er so lahm war, ging nichts mehr. Hab drei Stunden dran rumgemacht ("sinnvoller" Zeitvertreib) bis ich gemerkt hab - der PC ist am Arsch, da geht nichts mehr. Hab wahrscheinlich nen Virus drauf und muss am Montag dann erst mal nen Computerladen suchen. Toll, das war die erste Aufregung - alleine in Brasilien und dann nicht mal mehr PC und Internet...AHHH.

Zum Glück durfte ich den PC von Leocadia (der Frau bei der ich wohne) benutzen.
Die Frau ist doch ein Segen, wie sich herausgestellt hat - auch wenn sie schon sehr auf ihr Leben achtet, sie ist einfach total nett und easy drauf. Ich darf alles bei ihr benutzen und sie kocht auch hin und wieder für mich mit :)!

So, der Schock des Tages kam aber noch! Eigentlich wollte ich mir ja heute die Stadt anschauen, nachdem ich gestern etwas vertrauen gefasst hatte. Morgens war ich ja mit dem scheiß Computer beschäftigt und so gegen 12 Uhr.................PENG PENG!!!
Da schreit Mariuza (das Hausmädchen) - (übersetzt): die schießen, die schießen!!
JA, da waren grad zwei Schüsse gefallen und mir lief es eiskalt den Rücken runter.
Wir sind ans Fenster gegagen und mussten feststellen, dass sich die Schießerei direkt vor unsrem Haus in dem Park ereignet hat. Ein Mann lag am Boden, die Polizei war gleich da.
Anscheinend hatte die Polizei auf den Mann geschossen, wegen Drogenhandel oder weil der Mann einen Bürger mit einer Pistole bedroht hat und ihn ausgeraubt hat - man weiß es nicht genau.

Auf jeden Fall ist auch hier in Curitiba die Drogenszene groß und es gibt immer wieder Schießereien zwischen Drogendealern selbst oder mit der Polizei. Meistens sind keine Zivilbürger davon betroffen (was für eine Erleichterung....hahhaa).
Schon eine Minute später standen um den Mann am Boden und der Mann von der Polizei der ihn festhielt (er stand mit einem Fuß auf ihm) eine große Menschenmenge. Vom 14. Stock aus konnte man alles gut beobachten, es gab einige Menschen die wegliefen, als sie die Schüsse gehört und gesehen haben - aber die Mehrheit ist wohl eher zu dem Ereignis hingeströmt.

Ich stand auf jeden Fall etwas unter Schock! Weil damit hatte ich am 2. Tag irgendwie noch nicht gerechnet, vor allem nicht in einer Stadt die als sicher in Brasilien gilt!

Meine Senhora hat mich dann aufgeklärt, dass es im Zentrum eher selten zu Schießereien kommt, an dem Platz das letzte Mal vor 8 Jahren! Aber das im Stadtzentrum ebensfalls der Drogenhandel blüht und es deshalb eben manchmal doch zu ner Schießerei und auch zu Überfällen kommt. Und je weiter man an den Stadtrand kommt desto gefährlicher wird's - da werden wohl jeden Tag Menschen erschossen.
Naja - die Polizei hat dann erst mal noch 2 weitere Banditen verfolgt, die entkommen konnten. Dann haben sie den Mann, der da auf dem Boden lag genommen und in den Kofferaum von so nem Polizeiauto gepackt und Klappe zu. Bis nach ca 1 Std dann mal ein Krankenwagen kam, dann ging die Klappe wieder auf.

Ja, solche Erlebnisse am Anfang lassen sich einen nicht besonders sicher fühlen. Es trägt eher zum mulmigen Gefühl bei, dass man am Anfang eh hat, weil alles unbekannt ist!

Heute bin ich dann erstmal doch nicht auf die Straße gegangen - das war mir alles etwas zu viel!
Aber ich denke morgen werde ich mich wieder raus trauen, bringt ja nichts die ganze Zeit im Zimmer zu bleiben! Und eigentlich ist Curitiba doch sicher *zwinker*

Das Vertrauen in Brasilien muss sich jetzt erst wieder langsam aufbauen - die heutige Aktion hat auf jeden Fall nicht dazu beigetragen!
Aber ich lebe noch :)! Falls euch das beruhigt...

eure Mara

26 Februar, 2010

Brasilien

Bom dia liebe Leser,

gestern bin ich erschöpft aber sicher Brasilien angekommen!
Nach dem ersten Kulturschock gestern fühle ich mich heute doch schon viel wohler hier in Curitiba.
Curitiba ist eine drei Millionen Einwohnerstadt und ich wohne mitten in ihrem Zentrum im 14. Stock!
Die Aussicht hält sich jedoch leider sehr in Grenzen, da um mich herum 100 andere 20-stöckige Hochhäuser stehen.
Nachdem ich gestern von Diogo (Brasilianer, der 1 Jahr in Karlsruhe studiert hat) abgeholt und in der Wohnung in der ich nun lebe abgesetzt wurde, war ich plötlzlich sehr alleine in einer riesigen Stadt. Ich hatte kein Internet, keinen Stadtplan, es war kein Ansprechparter da und ich hatte keine Ahnung wo ich gelandet bin. Klein Mara sass nun alleine im 14. Stock mitten in ner unbekannten Stadt. Rausgehen konnte ich nicht, weil ich konnte ja nicht wissen, ob ich nun in ner sicheren oder unsicheren Gegend bin. Also hab ich gewartet bis endlich die Frau (Leocadia), bei der ich wohne, gekommen ist. Leocadia ist nett, aber eben eine Brasilianerin, die sich mehr um ihr eigenes Leben kümmert als um sonst irgendwas. Auskünfte über meine Fragen konnte sie mir auch nicht geben, nur dass ich nachts auf keinen Fall zu Fuss aus dem Haus gehen darf! - Nacht ist es allerdings schon ab 19 Uhr...Und immerhin hat sie mir Zugang zum Internet verschafft!
Ja und heute hat mich dann ein deutscher Professor, der gleich um die Ecke wohnt, mit in die Uni genommen und mal Licht ins Dunkle gebracht. Er ist zwar nicht mein direkter Ansprechpartner (Regina, meine Ansprechpartnerin ist ja noch nicht wieder in Brasilien, sondern treibt sich irgendwo in Deutschland rum, ohne irgendwas hier für mich organisiert zu haben), aber er hat mir schon viel geholfen. Tobias (Prof) ist auch erst seit 4 Monaten hier in Curitiba, und weiss deshalb noch, wie es sich anfühlt ins kalte Wasser geworfen zu werden! Für ihn war nämlich auch nichts organisiert.
Wie gesagt, seit heute sieht die Welt schon wieder besser aus, und morgen werde ich dann mal auf Stadt Erkundung gehen - danach kann ich euch bestimmt wieder mehr berichten :)

bis bald,

eure Mara